Warum führt die momentane welt-politische Situation zu einer erhöhten Jodid Nachfrage?
10. März 2022Jodidtablatten werden knapp. Diese Schlagzeile war in den letzten Tagen häufig zu lesen. Die Verunsicherung stieg, soll ich mich auch bevorraten? Und warum eigentlich?
Warum ist Jod so wichtig?
Jod wird in der Schilddrüse zur Produktion von Schilddrüsenhormon benötigt. Diese wiederum sind für die Regulierung von Stoffwechselprozessen verantwortlich und regen das Körper- und Organwachstum an.
Der menschliche Körper kann Jod nicht selbst produzieren und auch nur sehr begrenzt speichern. Jod ist ein essentielles Spurenelement. Das heißt: Das vom Körper benötigte Jod muss regelmäßig mit der Nahrung aufgenommen werden. Es gelangt über den Magen-Darm-Trakt passiv ins Blut und von dort aktiv in die Schilddrüse. In der Schilddrüse werden bis zu 80 Prozent des täglich aufgenommenen Jods verbraucht.
Wo liegt unser täglicher Jodbedarf
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. hat je nach Alter und Geschlecht einer Person bestimmte Empfehlungen der Jodzufuhr formuliert. Der tägliche Jodbedarf beträgt für:
Säuglinge | 40 – 80 µg |
Kinder, 1 – 9 Jahre | 100 – 140 µg |
Kinder, 10 – 12 Jahre | 180 µg |
Jugendliche und Erwachsene | 200 µg |
Erwachsene über 50 Jahre | 180 µg |
Schwangere | 230 µg |
Stillende | 260 µg |
Welche folgen kann ein Jodmangel haben
Die Symptome eines Jodmangels zeigen sich jedoch meist schleichend, so dass anfangs kaum Beschwerden von Betroffenenwahrgenommen werden. Erst bei einer stärkeren Schilddrüsenunterfunktion sendet der Körper klare Warnsignale. Als typische Anzeichen gelten:
- Antriebsschwäche
- Extreme Müdigkeit
- Wachstums- und Entwicklungsstörungen bei Kindern
- Konzentrationsstörungen
- Kälteempfindlichkeit
- Enge- und Druckgefühl im Hals
- Atem- und Schluckbeschwerden
- Hautveränderungen (feuchte bzw. trockene Haut)
Aktuelle Situation- Ukraine Krieg
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am 27. Februar seine Atomstreitkräfte in Alarmbereitschaft versetzt. Zudem schüren Kampfhandlungen in der Ukraine, die Lager für radioaktive Abfälle in Kyjiw und Charkiw betreffen, sowie die Besetzung der Sperrzone um den verunglückten Reaktor in Tschernobyl durch russische Truppen die Angst vor nuklearen Folgen. Bei Unfällen oder Angriffen auf Kernkraftwerke sowie durch Detonation von Nuklearwaffen werden radioaktive Stoffe freigesetzt – auch Jod 131, das sodann über die Luftwege oder Nahrung und Getränke aufgenommen werden kann.
Radioaktives Jod hat die gleichen chemischen und biologischen Eigenschaften wie auch normales Nahrungsjod, weswegen es in gleicher Weise in der Schilddrüse gespeichert wird und Schilddrüsenkrebs verursachen kann. Kurzum: Die Schilddrüse unterscheidet nicht zwischen Nahrungsjod und radioaktivem Jod.
Unterschied Jodmagelprophylaxe und Jodblockade
Eine hochdosierte aktive Jodideinnahme bei nuklearen Zwischenfällen soll die Schilddrüse mit Jod sättigen, sodass diese kein radioaktives Jod mehr speichern kann. Für eine solche Jodblockade sind enorme Mengen an Jodid vonnöten.
Während man für eine Jodmangelprophylaxe Präparate im Mikrogrammbereich anwendet (z. B. Jodid Hexal 100 µg bzw. 200 µg), erfordert eine Jodblockade die bis zu tausendfache Menge, wobei nach Alter dosiert wird: In der Regel nehmen 13- bis 45-Jährige einmalig 130 mg Kaliumjodid, was 100 mg Jodid entspricht.
Einnahme nur nach ausdrücklicher Aufforderung
Die Arzneimittelkommission der Deuschenapotheker und das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) warnt vor einer eigenmächtigen Einnahme, da diese "erhebliche gesundheitliche Risiken, hat aktuell aber keinerlei Nutzen“.
Ob die Katastrophenschutzbehörden nach nuklearen Zwischenfällen dazu auffordern, prophylaktisch Jodid einzunehmen, hängt davon ab, ob ein Risiko für die Bewohner besteht und ob radioaktives Jod über die Luft in die Region kommen kann. Das wiederum werde beeinflusst davon, „wie viel radioaktives Jod freigesetzt wird, wie weit der Unfallort entfernt liegt und wie die Wind- und Wetterverhältnisse sind“, erklärt das BfS.
Nach Angaben der AMK haben die für den Katastrophenschutz zuständigen Behörden 189,5 Millionen hochdosierte Kaliumjodidtabletten bevorratet, die bei Bedarf und nach Aufforderung der Behörden an die Bevölkerung ausgegeben werden sollen.
Quellen:
https://www.ptaheute.de/aktuelles/2022/03/02/amk-und-bfs-warnen-vor-jodprophylaxe